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Große Pfalzweinprobe der Weinbruderschaft der Pfalz

Verantwortlicher Autor: Karl J. Pfaff Neustadt a.d. Wstr., 21.10.2018, 19:56 Uhr
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Neustadt a.d. Wstr. [ENA] Motto: „Die Pfalz für Fortgeschrittene“ Die 54. Pfalzweinprobe, unter dem Titel „für Fortgeschrittene“, vereinte Klassik mit Moderne, Tradition mit Experiment. Der Ordenskellermeister, Dr. Thomas Weihl, zauberte eine überraschende Vielfalt von Pfälzer Winzern, Lagen und Rebsorten zutage. In 21 Versuchen konnten die über 1000 Gäste im Saalbau ihre Weineindrücke sammeln und vertiefen.

Die neu gewählte Gebietsweinkönigin Maike Klohr mit ihren Prinzessinnen und die deutsche Weinprinzessin Inga Stork nahmen alle mit großer Erwartung und Freude teil. Die Ouverture mit dem 2016er Siebeldinger Königsgarten Sekt brut vom Wilhelmshof aus Siebeldingen erfrischte mit feiner Struktur und Säure in der Perlage die aufnahmebereiten Gaumen. Neben rauchig, kräutriger Noten tritt bei diesem Sekt eine sehr pure und klare Frucht von Pfirsich, Quitte und Zitrusfrüchten zutage. Ein erfrischender Sekt mit viel Mineralität und knackiger Säure, hergestellt nach der klassischen Flaschengärung. Er lagerte seit Frühjahr 2017 auf der Hefe. Davon hätte man sich gerne ein Schlückchen mehr im Glas gewünscht! Gold bei Landesweinprämierung 2018

WG Neuspergerhof Gutswein Rotwein Cuvée, feinherb: Dieser fruchtige und harmonische Rotwein braucht sich vor internationalen Cuvée Weinen nicht zu verstecken. Die Fruchtaromen und die Geschmeidigkeit von dieser Cuvée sind einzigartig. Seit Jahrhunderten ist die Handwerkskunst und Leidenschaft zum Weinbau in der Familie verwurzelt und von einer Generation an die nächste übergeben. Durch viel Handarbeit und Liebe zum Wein gelingt es die Weine nachhaltig und von besonders hoher Qualität herzustellen. Jochen Gradolph vom Bioland Weingut Neuspergerhof belegte bei dem bundesweiten Wettbewerb zum Jungwinzer des Jahres 2017 den 1. Platz. Von der größten Europäischen Weinzeitschrift "VINUM" wurde er als Jung-Winzertalent ausgezeichnet.

Der 2016er Freinsheimer Portugieser „Alte Reben“ vom WG Kirchner Freinsheim ist 11 Monate im Holzfass gereift. Er stammt aus der Lage Schwarzes Kreuz. Er wurde handselektiert, der Ertrag auf 60 hl/ha beschränkt, die Maischegärung 12 Tage, biologischer Säureabbau, Abfüllung August 2017, Flaschenreife 3 Monate. Der Wein strahlt in sattem Purpur und belebt im Duft mit leichten röstigen Aromen von Kaffee, schmeckt nach schwarzen und roten Beeren, im Mund unkompliziert, mit eingebundenen Tanninen.

Der „Leistadter Kalkofen“ vom WG Schmitt, Bad Dürkheim, spiegelt die Lage, ein hochgelegenes, massives Kalksteinplateau wider. Die Weinberge sind dort ganzjährig frischen Winden ausgesetzt, was den Spätburgunder-Weinen eine besonders mineralische Note und eine athletische Struktur verleiht. Am Gaumen dicht, mit mineralisch-rauchigen Noten - ein kraftvoller und zugleich eleganter Burgunder. Jörg Herbert Bayer vom WG Martinspforte, lieferte einen typischen Portugieser Weißherbst, der in seiner einfachen Art zum Plaudern einlädt. Etwas kühler genossen, verstärkt er den erfrischenden Charakter des leichten Rosé, der eine belebende Säure mitbringt. Anklänge von Beeren, wie rote Johannis-, Himbeere oder Erdbeere bringen sommerlichen Spaß.

2017er Cabernet Sauvignon & Merlot Rosé trocken "Expression", vom Weingut Alfons Hormuth, ausgezeichnet mit der Goldenen Kammerpreismünze, zeigt die Experimentierfreude und die weite Auslegung des deutschen Weingesetzes. Hormuth ist eine frische, intensive Cuvée gelungen. Cuvées gehören zu den besten Weinen, wenn sie zeigen, wie verschiedene Komponenten sich zu einer ganz neuen Erfahrung verbinden. Die berühmteste Cuvée ist die aus den für Weine aus Bordeaux zugelassenen Rotweinsorten und unter diesen vor allem die aus Cabernet Sauvignon und Merlot. Zarte Anklänge im Duft nach Cassis, Brombeere und grüner Paprika aber am Gaumen dann weich und geschmeidig mit Aromen von Schwarzkirsche und reifer Pflaume, abgerundet von seidigem Tannin.

Weingut Kneisel Grünstadt-Asselheim überraschte mit einem runden „Blanc de Noirs“ trocken aus 2017. Die Basis bilden dabei Spätburgunder und Schwarzriesling, die einen trinkfreudigen Übergang zu den Weißweinvertretern machten. Immer tiefer tauchten die Weinbrüder in Raritäten ein: Der Calardis blanc vom Institut für Rebenzüchtung JKI Geilweilerhof aus Versuchsanbau, hat eine Chance, sich am Markt zu bewähren.

WG Scheu in Schweigen hat mit seinem 2017er „Grünfränkisch alias Philipp Cuntz“ erstmals den Schatz „aus Versuchsanbau“ ausgegraben. Philipp Cuntz – der Name des Opas, stand lange Pate für eine Rebsorte ohne Namen, jetzt hat sie einen – Grünfränkisch! Philipp Cuntz, „der Alte vom Sonnenberg“, gilt als Pionier der Rebveredlung und hat sich mit dem ersten Weinlehrpfad Deutschlands in der Weinszene einen Namen gemacht. Eines Tages entdeckte er in seinem Weinberg eine Rebe, die nicht zu den umstehenden Weißburgunderreben passte. Von Neugier gepackt vermehrte er diese Rebsorte. Der daraus entstandene Wein war überraschend anders, er war und ist bis heute mit keinem der regional angebauten Weine vergleichbar.

Der auf historische Weinsorten spezialisierte Ampelograph (Rebstockkundler) Andreas Jung und sein Kollege, der Rebveredler Ulrich Martin, entschlüsselten 2017 dank alter Dokumente diese Rebe – die bis dato als ausgestorben galt – als Grünfränkisch. Die Wurzeln des Grünfränkischen gehen wohl bis in die Antike zurück. Im Hochmittelalter brachten sie Siedler aus dem Karpatenbecken über Ungarn in Richtung der heutigen Fundorte. Im 16. Jahrhundert wurde die Rebsorte in der Pfalz erstmalig erwähnt. Das Weingut Scheu bringt mit dem Jahrgang 2017 nun offiziell den ersten Grünfränkischen in den Verkauf. Der Grünfränkische ist geprägt von zarter Säure bei gleichzeitig außergewöhnlicher Aromatik.

Weingut Fitz-Schneider war überrascht, dass der internationale Grauburgunderpreis 2018, ausgeschrieben vom Naturgarten Kaiserstuhl, in der Kategorie (trocken, ohne Holz, max. 13,0% vol.) an ihr Weingut in Edenkoben fiel. Weingut Weegmüller von NW-Haardt, überraschte mit der Cuvée „Drei Schwestern vun de Haardt“. Hier haben die Weegmüller-Schwestern kurzerhand ihre drei Lieblingsrebsorten Grauburgunder, Scheurebe, Weißburgunder als pfiffige Cuvée in die Flasche gezaubert. Weiße Blüten, Birne und exotische Früchte in der Nase – am Gaumen überzeugt die lebendige Frucht, eine leichte Muskatnote und die schöne Balance zwischen Süße und Säure. Das Ganze entbehrt nicht einer gewissen Eleganz.

Terroir-Rieslingweine mit Herkunft vom Buntsandstein (WG Michael Andres, Ruppertsberg), Pechstein (Forster Winzerverein), Muschelkalk (WG Gerhard Hauck, Maikammer) und Rotliegendes (WG Klaus und Mathias Wolf, Birkweiler), machten die Einflüsse der Böden aber auch der unterschiedlichen Ausbauarten deutlich. Sehr puristisch präsentierte sich WG Andres, das nach den Richtlinien des organisch biologischen Weinbaues setzt, ein Wein mit elegantem, klarem Stil, konzentriert auf Sortenaromatik und Frucht.

Forster Pechstein zeigt eine unverwechselbare Mineralität, die aus dem Basalt herrührt. Duftaromen im Anklang von Zitrusfrüchten und Feuerstein. Riesling Spätlese trocken, „Muschelkalk“, Alsterweiler Kapellenberg ist geschliffen mineralisch vom Kalkanteil terraingeprägt, ein eleganter Riesling. Ihm wurde die Goldene Kammerpreismünze verliehen. Auch in anderen Weinkategorien beweist das Weingut Gerhard Hauck stets Spitzenpositionen und ist bereits mehrmals mit Staatsehrenpreisen belohnt worden. Weingut Wolfs Riesling entstammt aus hochwertigen, charaktervollen Weinbergen und wächst in der Ersten Lage auf Rotliegendem. Er besitzt einen individuellen und unverkennbaren Charakter. Handlese und Spontanvergärung schaffen Komplexität.

2012 „Ancestrale“ Riesling, vom WG Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan aus Deidesheim offenbart Jahrhunderte alte Weingeheimnisse. Der Name „Ancestrale“ steht für einen Wein, wie er schon von Qualitätspionier Andreas Jordan vor über 200 Jahren ausgebaut wurde. Handverlesene Trauben in Auslesequalität und eine lange Reife im traditionellen Holzfass prägen den Stil dieses Weins, ein kräftiger, opulenter Riesling aus „Großen Lagen“. Selektive Handlese von Trauben in Auslesequalität war Voraussetzung. Die Trauben wurden schonend gepresst und der Pressmost anschließend für 24 Stunden sedimentiert. Der klare Saft wurde anschließend in ein klassisches Stückfass aus Pfälzer Eiche verlegt.

Die Vergärung erfolgte wie bereits vor 200 Jahren mit den traubeneigenen Hefen in einem kühlen Kellerraum. Die Gärung blieb auf natürliche Weise stehen. Daraufhin erfolgt eine leichte Schwefelgabe. Der Wein verblieb auf der Hefe bis zur Füllung im Mai 2017. Der Ancestrale Riesling zeichnet sich durch seine Kraft bei gleichzeitiger Eleganz aus. Die leichte Restsüße bildet zusammen mit der Säure und der Mineralität ein extrem spannendes Mundgefühl. Dieser Riesling ist bereits jetzt ein Genuss, wird aber noch einige Jahre bis zu seinem Höhepunkt wachsen. Durch die Ausbauart eignet sich dieser Wein besonders für eine lange Lagerung, passt hervorragend als Aperitif, aber auch zur foie gras ist er ein Hochgenuss.

Diese traditionelle Methode wird auch bereits seit über 200 Jahren im Limoux (Languedoc) bei der Flaschengärung, der Blanquette Méthode Ancestrale angewendet. Im Frühjahr wird der halb vergorene Wein ohne Versanddosage auf die Fla¬sche gefüllt. Bei steigenden Kellertemperaturen wird die Gärung durch die verbliebenen, mosteigenen Hefen wieder aufgenommen. Mangels Sauerstoff (die Flasche ist bereits endgültig verschlossen) endet sie von allein. Diese Art Schaumwein wird normalerweise ohne Degorgieren verkauft, d. h., das Hefedepot bleibt in der Flasche zurück.

Weingut Hammel & Cie. Kirchheim bemüht sich mit seiner „Premium Edition“ Liebfraumilch eine ehemals hervorragende Lage neu zu formieren. Es wird ein langer Weg sein, die einstmalige Ikone, die mittlerweile das Synonym für geringwertigen Massenwein ist in der Welt ist, erneut auf dem Markt zu etablieren. Die Weinbrüder durften einen durchaus gelungenen Ansatz verkosten.

Mit den letzten vier Weinen kamen auch die Fruchtsüße-Liebhaber auf ihre Kosten. Eine Kabinett Scheurebe vom WG Pfleger-Karr in Weisenheim am Berg entzückte mit zarter Aromatik, Der Dürkheimer Feuerberg Gewürztraminer Spätlese vom WG Karl Wegner erfüllte die gesetzten Erwartungen in die Lage. Da konnte das Roschbacher Rosenkränzel vom WG Bernhard Koch als Rieslaner Auslese natürlich zusätzliche Geschmacksknospen an dem langen Versuchs-Nachmittag aktivieren. Langweilig wurde es aber nie, denn auch die musikalische Umrahmung mit dem Ensemble „s`Blech“ und die prompte Bedienung durch die Neustädter Trachtengruppen verlangte Aufmerksamkeit.

Die 2015er Albalonga Trockenbeerenauslese vom Weinhaus Ludwig Wagner & Sohn erzeugte einen vollmundigen Abschluss, dem durchaus die anschließenden Schaumküsse vom Weinfest gut zur Seite standen. Der Albalonga ist eine Kreuzung aus Rieslaner und Müller-Thurgau. Diese Rebsorte zeichnet sich durch ihr florales Bukett, sowie durch Geschmacksnuancen exotischer Früchte aus.

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